Karikierende Ereignis-Darstellung: Der Brand des Schauspielhauses auf dem Gendarmenmarkt am 29. Juli 1817 und die dadurch verursachte Gefährdung des Berliner Seehandlungs-Gebäudes durch C.W.F. Unzelmanns brennend aufsteigende Perücke sowie die Rettung des Staatskredits durch einen Gardejäger - Staatsbibliothek Bamberg EvS.G H 2/1 Hoffmann, E. T. A. 1776-1822 (DE-588)118552465 art collectionstill image (DE-588)4003942-0 Autograf gnd-content (DE-588)4023287-6 Handschrift gnd-content (DE-588)4127900-1 Zeichnung gnd-content (DE-588)4021845-4 Grafik gnd-content ger Den Standort für den Betrachter der topographischen Situation des Geschehens setzt E.T.A. Hoffmann in Höhe der Neuen Kirche (Deutscher Dom) in die Mitte der Taubenstraße mit Blick in deren Verlauf nach Norden. Zur linken Hand erhebt sich mit der Breitseite zum Gendarmenmarkt der quaderförmige Baukörper des "Neuen" Schauspielhauses, erbaut von Carl Gotthard Langhans und eröffnet am 1. Januar 1802; noch teilweise sichtbar der Säulenportikus und die südliche Schmalseite, das übrige, vor allem das sich aufwölbende Dach, gänzlich eingehüllt in große Rauchwolken des Brandes, die das Ende der Straße bis auf den Boden verdunkeln, doch darüber wirr aufsteigend eine Vielzahl der brennenden Perücken wie an einem Sternenhimmel. Die rechte Seite der Markgrafenstraße, dem brennenden Schauspielhaus gegenüber, wird begrenzt von zwei durch Hoffmann bezeichnete Gebäude: vorn das Bankgebäude der Preußischen Seehandlung, dahinter die Weinstube Schonert; schon Hans von Müller bemerkte, dass Hoffmann hier die topographische Reihenfolge der Häuser in seiner unmittelbaren Nachbarschaft vertauscht hat; ganz vorne, die rechte untere Ecke des Blattes begrenzend, sieht man über Fenster und Traufe des Eckhauses Markgrafenstraße/Taubenstraße eine geöffnete Gaube aus dem mit Ziegeln bedeckten Dache herausragen: der quadratisch-kleinteilig verglaste Fensterflügel ist nach rechts aufgestoßen und auf der Fensterbank kniet ein uniformierter Gardeschütze; das linke Knie aufgestützt wendet er sich ins Profil zur Mitte nach links, auf dem Kopf einen hohen Tschako mit aufragender nach vornüber wippender Feder, den Tornister auf dem Rücken und eine Tasche an breitem Gurt seitlich an der linken Hüfte, der linke Arm hält weitausgestreckt das lange Rohr eines Gewehrs, die verdeckte Rechte am Abzugshahn löst den Schuss aus, der sich mit einem Feuerstoß aus seiner Öffnung entlädt; die Kugel trifft die hoch über der Markgrafenstraße brennend schwebende und nunmehr gefährlich nach rechts über das Bankgebäude driftende Perücke des berühmten Berliner Schauspielers und Buffosängers Karl Wilhelm Ferdinand Unzelmann. Mit langen Strahlenbündeln nach unten und oben gibt Hoffmann die Gewalt der Explosion an, während das getroffene corpus delicti in großen nach beiden Seiten entweichenden Rauchwolken, den überlangen s-förmig schlingernden Zopf von rechts oben nach links unten nach sich ziehend hinabstürzt, dorthin, wo unten an der nächsten hinteren Straßenecke rechts mit kleinen wüsten Strichen der "Pißwinkel", vielleicht auch entsprechende Personen davor, bezeichnet sind. Ganz unten, beschnitten vom Rand des Blattes, breitet sich die wild gestikulierende aufgeregte Zuschauermenge, nur noch sichtbar mit den Oberkörpern: ganz rechts im Profil zur Mitte der Minister mit toupierter Zopfperücke, den Ordensstern am Revers des Staatsrocks, führt er mit der erhobenen Rechten das Lorgnon vor die Augen, die über eine Hakennase und einen großen bitter nach unten verzogenen Mund kritisch auf das Geschehen blicken; nach links folgen die dünnen Zöpfe über breiten gebeugten Rücken der Bankiers; dann weiter in der Mitte heftig gestikulierend die besorgten Finanzräte, in deren Mitte einer mit großer Brille über dicker Knollennase und langem Rauschebart auffällt; und schließlich zum linken Rand hin noch weitere nicht näher bezeichnete Zuschauer, die zum Teil ihre Arme weit über ihre Köpfe hin emporgerissen haben. In der Tiefe der Markgrafenstraße mitten vor der Fassade des brennenden Schauspielhauses gibt Hoffmann mit winzigen Strichen und Häkchen eine andere Gruppe von aufgeregten Zuschauern an. Hoffmanns persönliche Laufbahn als Musiker wurde durch den von ihm selbst in Brief und Zeichnung auf diese Weise persiflierten Brand des Berliner Schauspielhauses empfindlich getroffen: Bis zum 27. Juli 1817 hatte Hoffmanns Oper "Undine" an diesem Ort nach ihrer Uraufführung am 3. August 1816 dreizehn Wiederholungsaufführungen erlebt, der Brand zerstörte nicht nur das Gebäude vollständig, sondern vernichtete vor allem die Ausstattung, die Karl Friedrich Schinkel nach den Angaben Hoffmanns dafür entworfen hatte. Obwohl die Partitur und fast alle ausgeschriebenen Stimmen und Partien der Komposition verschont oder gerettet worden waren, kam eine Wiederaufnahme im 1821 eingeweihten abermals "Neuen Schauspielhaus" trotz der Bereitschaft des General-Intendanten Karl Moritz von Brühl nicht mehr zustande. Hoffmann, E. T. A.: E.T.A. Hoffmanns Briefwechsel. Gesammelt und erläutert von Hans von Müller und Friedrich Schnapp. Herausgegeben von Friedrich Schnapp Hoffmann, E. T. A.: Sämtliche Werke : in sechs Bänden. Herausgegeben von Hartmut Steinecke und Wulf Segebrecht Ponert, Dietmar Jürgen: E.T.A. Hoffmann - Das bildkünstlerische Werk : ein kritisches Gesamtverzeichnis. Herausgegeben von der Staatsbibliothek Bamberg Den Standort für den Betrachter der topographischen Situation des Geschehens setzt E.T.A. Hoffmann in Höhe der Neuen Kirche (Deutscher Dom) in die Mitte der Taubenstraße mit Blick in deren Verlauf nach Norden. Zur linken Hand erhebt sich mit der Breitseite zum Gendarmenmarkt der quaderförmige Baukörper des "Neuen" Schauspielhauses, erbaut von Carl Gotthard Langhans und eröffnet am 1. Januar 1802; noch teilweise sichtbar der Säulenportikus und die südliche Schmalseite, das übrige, vor allem das sich aufwölbende Dach, gänzlich eingehüllt in große Rauchwolken des Brandes, die das Ende der Straße bis auf den Boden verdunkeln, doch darüber wirr aufsteigend eine Vielzahl der brennenden Perücken wie an einem Sternenhimmel. Die rechte Seite der Markgrafenstraße, dem brennenden Schauspielhaus gegenüber, wird begrenzt von zwei durch Hoffmann bezeichnete Gebäude: vorn das Bankgebäude der Preußischen Seehandlung, dahinter die Weinstube Schonert; schon Hans von Müller bemerkte, dass Hoffmann hier die topographische Reihenfolge der Häuser in seiner unmittelbaren Nachbarschaft vertauscht hat; ganz vorne, die rechte untere Ecke des Blattes begrenzend, sieht man über Fenster und Traufe des Eckhauses Markgrafenstraße/Taubenstraße eine geöffnete Gaube aus dem mit Ziegeln bedeckten Dache herausragen: der quadratisch-kleinteilig verglaste Fensterflügel ist nach rechts aufgestoßen und auf der Fensterbank kniet ein uniformierter Gardeschütze; das linke Knie aufgestützt wendet er sich ins Profil zur Mitte nach links, auf dem Kopf einen hohen Tschako mit aufragender nach vornüber wippender Feder, den Tornister auf dem Rücken und eine Tasche an breitem Gurt seitlich an der linken Hüfte, der linke Arm hält weitausgestreckt das lange Rohr eines Gewehrs, die verdeckte Rechte am Abzugshahn löst den Schuss aus, der sich mit einem Feuerstoß aus seiner Öffnung entlädt; die Kugel trifft die hoch über der Markgrafenstraße brennend schwebende und nunmehr gefährlich nach rechts über das Bankgebäude driftende Perücke des berühmten Berliner Schauspielers und Buffosängers Karl Wilhelm Ferdinand Unzelmann. Mit langen Strahlenbündeln nach unten und oben gibt Hoffmann die Gewalt der Explosion an, während das getroffene corpus delicti in großen nach beiden Seiten entweichenden Rauchwolken, den überlangen s-förmig schlingernden Zopf von rechts oben nach links unten nach sich ziehend hinabstürzt, dorthin, wo unten an der nächsten hinteren Straßenecke rechts mit kleinen wüsten Strichen der "Pißwinkel", vielleicht auch entsprechende Personen davor, bezeichnet sind. Ganz unten, beschnitten vom Rand des Blattes, breitet sich die wild gestikulierende aufgeregte Zuschauermenge, nur noch sichtbar mit den Oberkörpern: ganz rechts im Profil zur Mitte der Minister mit toupierter Zopfperücke, den Ordensstern am Revers des Staatsrocks, führt er mit der erhobenen Rechten das Lorgnon vor die Augen, die über eine Hakennase und einen großen bitter nach unten verzogenen Mund kritisch auf das Geschehen blicken; nach links folgen die dünnen Zöpfe über breiten gebeugten Rücken der Bankiers; dann weiter in der Mitte heftig gestikulierend die besorgten Finanzräte, in deren Mitte einer mit großer Brille über dicker Knollennase und langem Rauschebart auffällt; und schließlich zum linken Rand hin noch weitere nicht näher bezeichnete Zuschauer, die zum Teil ihre Arme weit über ihre Köpfe hin emporgerissen haben. In der Tiefe der Markgrafenstraße mitten vor der Fassade des brennenden Schauspielhauses gibt Hoffmann mit winzigen Strichen und Häkchen eine andere Gruppe von aufgeregten Zuschauern an. Hoffmanns persönliche Laufbahn als Musiker wurde durch den von ihm selbst in Brief und Zeichnung auf diese Weise persiflierten Brand des Berliner Schauspielhauses empfindlich getroffen: Bis zum 27. Juli 1817 hatte Hoffmanns Oper "Undine" an diesem Ort nach ihrer Uraufführung am 3. August 1816 dreizehn Wiederholungsaufführungen erlebt, der Brand zerstörte nicht nur das Gebäude vollständig, sondern vernichtete vor allem die Ausstattung, die Karl Friedrich Schinkel nach den Angaben Hoffmanns dafür entworfen hatte. Obwohl die Partitur und fast alle ausgeschriebenen Stimmen und Partien der Komposition verschont oder gerettet worden waren, kam eine Wiederaufnahme im 1821 eingeweihten abermals "Neuen Schauspielhaus" trotz der Bereitschaft des General-Intendanten Karl Moritz von Brühl nicht mehr zustande. kostenfrei 1902 Carl Geibel. - 1911 C.G. Boerner, Leipzig, 03.-06.05.1911, Auktion CIV (104), Nummer 466. - 1930 Hellmut Meyer & Ernst, Berlin, Autographen, Lager-Katalog 9, Nummer 195 (mit falschem Datum: 28.11.1817). - Walter Steffen, Brandenburg. - 1970 Dr. Ernst Hauswedell, Hamburg, 16.06.1970, Auktion 175, Nummer 2110. - 1970 Jürgen Voerster. - 2010 Antiquariat J. Voerster, Stuttgart. - 2010 Ernst von Siemens Kunststiftung. - 2010 Leihgabe der Ernst von Siemens Kunststiftung Hoffmann, E. T. A. 1776-1822 Königliches Nationaltheater Brandkatastrophe Federzeichnung Brief von E.T.A. Hoffmann an Adolf Wagner - Staatsbibliothek Bamberg EvS.G H 2/2 urn:nbn:de:bvb:22-dtl-0000027174
Karikierende Ereignis-Darstellung: Der Brand des Schauspielhauses auf dem Gendarmenmarkt am 29. Juli 1817 und die dadurch verursachte Gefährdung des Berliner Seehandlungs-Gebäudes durch C.W.F. Unzelmanns brennend aufsteigende Perücke sowie die Rettung des Staatskredits durch einen Gardejäger - Staatsbibliothek Bamberg EvS.G H 2/1
Hoffmann, E. T. A. 1776-1822 (DE-588)118552465 art
collectionstill image
(DE-588)4003942-0 Autograf gnd-content
(DE-588)4023287-6 Handschrift gnd-content
(DE-588)4127900-1 Zeichnung gnd-content
(DE-588)4021845-4 Grafik gnd-content
ger
Den Standort für den Betrachter der topographischen Situation des Geschehens setzt E.T.A. Hoffmann in Höhe der Neuen Kirche (Deutscher Dom) in die Mitte der Taubenstraße mit Blick in deren Verlauf nach Norden. Zur linken Hand erhebt sich mit der Breitseite zum Gendarmenmarkt der quaderförmige Baukörper des "Neuen" Schauspielhauses, erbaut von Carl Gotthard Langhans und eröffnet am 1. Januar 1802; noch teilweise sichtbar der Säulenportikus und die südliche Schmalseite, das übrige, vor allem das sich aufwölbende Dach, gänzlich eingehüllt in große Rauchwolken des Brandes, die das Ende der Straße bis auf den Boden verdunkeln, doch darüber wirr aufsteigend eine Vielzahl der brennenden Perücken wie an einem Sternenhimmel.
Die rechte Seite der Markgrafenstraße, dem brennenden Schauspielhaus gegenüber, wird begrenzt von zwei durch Hoffmann bezeichnete Gebäude: vorn das Bankgebäude der Preußischen Seehandlung, dahinter die Weinstube Schonert; schon Hans von Müller bemerkte, dass Hoffmann hier die topographische Reihenfolge der Häuser in seiner unmittelbaren Nachbarschaft vertauscht hat; ganz vorne, die rechte untere Ecke des Blattes begrenzend, sieht man über Fenster und Traufe des Eckhauses Markgrafenstraße/Taubenstraße eine geöffnete Gaube aus dem mit Ziegeln bedeckten Dache herausragen: der quadratisch-kleinteilig verglaste Fensterflügel ist nach rechts aufgestoßen und auf der Fensterbank kniet ein uniformierter Gardeschütze; das linke Knie aufgestützt wendet er sich ins Profil zur Mitte nach links, auf dem Kopf einen hohen Tschako mit aufragender nach vornüber wippender Feder, den Tornister auf dem Rücken und eine Tasche an breitem Gurt seitlich an der linken Hüfte, der linke Arm hält weitausgestreckt das lange Rohr eines Gewehrs, die verdeckte Rechte am Abzugshahn löst den Schuss aus, der sich mit einem Feuerstoß aus seiner Öffnung entlädt; die Kugel trifft die hoch über der Markgrafenstraße brennend schwebende und nunmehr gefährlich nach rechts über das Bankgebäude driftende Perücke des berühmten Berliner Schauspielers und Buffosängers Karl Wilhelm Ferdinand Unzelmann. Mit langen Strahlenbündeln nach unten und oben gibt Hoffmann die Gewalt der Explosion an, während das getroffene corpus delicti in großen nach beiden Seiten entweichenden Rauchwolken, den überlangen s-förmig schlingernden Zopf von rechts oben nach links unten nach sich ziehend hinabstürzt, dorthin, wo unten an der nächsten hinteren Straßenecke rechts mit kleinen wüsten Strichen der "Pißwinkel", vielleicht auch entsprechende Personen davor, bezeichnet sind.
Ganz unten, beschnitten vom Rand des Blattes, breitet sich die wild gestikulierende aufgeregte Zuschauermenge, nur noch sichtbar mit den Oberkörpern: ganz rechts im Profil zur Mitte der Minister mit toupierter Zopfperücke, den Ordensstern am Revers des Staatsrocks, führt er mit der erhobenen Rechten das Lorgnon vor die Augen, die über eine Hakennase und einen großen bitter nach unten verzogenen Mund kritisch auf das Geschehen blicken; nach links folgen die dünnen Zöpfe über breiten gebeugten Rücken der Bankiers; dann weiter in der Mitte heftig gestikulierend die besorgten Finanzräte, in deren Mitte einer mit großer Brille über dicker Knollennase und langem Rauschebart auffällt; und schließlich zum linken Rand hin noch weitere nicht näher bezeichnete Zuschauer, die zum Teil ihre Arme weit über ihre Köpfe hin emporgerissen haben. In der Tiefe der Markgrafenstraße mitten vor der Fassade des brennenden Schauspielhauses gibt Hoffmann mit winzigen Strichen und Häkchen eine andere Gruppe von aufgeregten Zuschauern an. Hoffmanns persönliche Laufbahn als Musiker wurde durch den von ihm selbst in Brief und Zeichnung auf diese Weise persiflierten Brand des Berliner Schauspielhauses empfindlich getroffen: Bis zum 27. Juli 1817 hatte Hoffmanns Oper "Undine" an diesem Ort nach ihrer Uraufführung am 3. August 1816 dreizehn Wiederholungsaufführungen erlebt, der Brand zerstörte nicht nur das Gebäude vollständig, sondern vernichtete vor allem die Ausstattung, die Karl Friedrich Schinkel nach den Angaben Hoffmanns dafür entworfen hatte. Obwohl die Partitur und fast alle ausgeschriebenen Stimmen und Partien der Komposition verschont oder gerettet worden waren, kam eine Wiederaufnahme im 1821 eingeweihten abermals "Neuen Schauspielhaus" trotz der Bereitschaft des General-Intendanten Karl Moritz von Brühl nicht mehr zustande.
Hoffmann, E. T. A.: E.T.A. Hoffmanns Briefwechsel. Gesammelt und erläutert von Hans von Müller und Friedrich Schnapp. Herausgegeben von Friedrich Schnapp
Hoffmann, E. T. A.: Sämtliche Werke : in sechs Bänden. Herausgegeben von Hartmut Steinecke und Wulf Segebrecht
Ponert, Dietmar Jürgen: E.T.A. Hoffmann - Das bildkünstlerische Werk : ein kritisches Gesamtverzeichnis. Herausgegeben von der Staatsbibliothek Bamberg
Den Standort für den Betrachter der topographischen Situation des Geschehens setzt E.T.A. Hoffmann in Höhe der Neuen Kirche (Deutscher Dom) in die Mitte der Taubenstraße mit Blick in deren Verlauf nach Norden. Zur linken Hand erhebt sich mit der Breitseite zum Gendarmenmarkt der quaderförmige Baukörper des "Neuen" Schauspielhauses, erbaut von Carl Gotthard Langhans und eröffnet am 1. Januar 1802; noch teilweise sichtbar der Säulenportikus und die südliche Schmalseite, das übrige, vor allem das sich aufwölbende Dach, gänzlich eingehüllt in große Rauchwolken des Brandes, die das Ende der Straße bis auf den Boden verdunkeln, doch darüber wirr aufsteigend eine Vielzahl der brennenden Perücken wie an einem Sternenhimmel.
Die rechte Seite der Markgrafenstraße, dem brennenden Schauspielhaus gegenüber, wird begrenzt von zwei durch Hoffmann bezeichnete Gebäude: vorn das Bankgebäude der Preußischen Seehandlung, dahinter die Weinstube Schonert; schon Hans von Müller bemerkte, dass Hoffmann hier die topographische Reihenfolge der Häuser in seiner unmittelbaren Nachbarschaft vertauscht hat; ganz vorne, die rechte untere Ecke des Blattes begrenzend, sieht man über Fenster und Traufe des Eckhauses Markgrafenstraße/Taubenstraße eine geöffnete Gaube aus dem mit Ziegeln bedeckten Dache herausragen: der quadratisch-kleinteilig verglaste Fensterflügel ist nach rechts aufgestoßen und auf der Fensterbank kniet ein uniformierter Gardeschütze; das linke Knie aufgestützt wendet er sich ins Profil zur Mitte nach links, auf dem Kopf einen hohen Tschako mit aufragender nach vornüber wippender Feder, den Tornister auf dem Rücken und eine Tasche an breitem Gurt seitlich an der linken Hüfte, der linke Arm hält weitausgestreckt das lange Rohr eines Gewehrs, die verdeckte Rechte am Abzugshahn löst den Schuss aus, der sich mit einem Feuerstoß aus seiner Öffnung entlädt; die Kugel trifft die hoch über der Markgrafenstraße brennend schwebende und nunmehr gefährlich nach rechts über das Bankgebäude driftende Perücke des berühmten Berliner Schauspielers und Buffosängers Karl Wilhelm Ferdinand Unzelmann. Mit langen Strahlenbündeln nach unten und oben gibt Hoffmann die Gewalt der Explosion an, während das getroffene corpus delicti in großen nach beiden Seiten entweichenden Rauchwolken, den überlangen s-förmig schlingernden Zopf von rechts oben nach links unten nach sich ziehend hinabstürzt, dorthin, wo unten an der nächsten hinteren Straßenecke rechts mit kleinen wüsten Strichen der "Pißwinkel", vielleicht auch entsprechende Personen davor, bezeichnet sind.
Ganz unten, beschnitten vom Rand des Blattes, breitet sich die wild gestikulierende aufgeregte Zuschauermenge, nur noch sichtbar mit den Oberkörpern: ganz rechts im Profil zur Mitte der Minister mit toupierter Zopfperücke, den Ordensstern am Revers des Staatsrocks, führt er mit der erhobenen Rechten das Lorgnon vor die Augen, die über eine Hakennase und einen großen bitter nach unten verzogenen Mund kritisch auf das Geschehen blicken; nach links folgen die dünnen Zöpfe über breiten gebeugten Rücken der Bankiers; dann weiter in der Mitte heftig gestikulierend die besorgten Finanzräte, in deren Mitte einer mit großer Brille über dicker Knollennase und langem Rauschebart auffällt; und schließlich zum linken Rand hin noch weitere nicht näher bezeichnete Zuschauer, die zum Teil ihre Arme weit über ihre Köpfe hin emporgerissen haben. In der Tiefe der Markgrafenstraße mitten vor der Fassade des brennenden Schauspielhauses gibt Hoffmann mit winzigen Strichen und Häkchen eine andere Gruppe von aufgeregten Zuschauern an. Hoffmanns persönliche Laufbahn als Musiker wurde durch den von ihm selbst in Brief und Zeichnung auf diese Weise persiflierten Brand des Berliner Schauspielhauses empfindlich getroffen: Bis zum 27. Juli 1817 hatte Hoffmanns Oper "Undine" an diesem Ort nach ihrer Uraufführung am 3. August 1816 dreizehn Wiederholungsaufführungen erlebt, der Brand zerstörte nicht nur das Gebäude vollständig, sondern vernichtete vor allem die Ausstattung, die Karl Friedrich Schinkel nach den Angaben Hoffmanns dafür entworfen hatte. Obwohl die Partitur und fast alle ausgeschriebenen Stimmen und Partien der Komposition verschont oder gerettet worden waren, kam eine Wiederaufnahme im 1821 eingeweihten abermals "Neuen Schauspielhaus" trotz der Bereitschaft des General-Intendanten Karl Moritz von Brühl nicht mehr zustande.
kostenfrei
1902 Carl Geibel. - 1911 C.G. Boerner, Leipzig, 03.-06.05.1911, Auktion CIV (104), Nummer 466. - 1930 Hellmut Meyer & Ernst, Berlin, Autographen, Lager-Katalog 9, Nummer 195 (mit falschem Datum: 28.11.1817). - Walter Steffen, Brandenburg. - 1970 Dr. Ernst Hauswedell, Hamburg, 16.06.1970, Auktion 175, Nummer 2110. - 1970 Jürgen Voerster. - 2010 Antiquariat J. Voerster, Stuttgart. - 2010 Ernst von Siemens Kunststiftung. - 2010 Leihgabe der Ernst von Siemens Kunststiftung
Hoffmann, E. T. A. 1776-1822
Königliches Nationaltheater
Brandkatastrophe
Federzeichnung
Brief von E.T.A. Hoffmann an Adolf Wagner - Staatsbibliothek Bamberg EvS.G H 2/2
urn:nbn:de:bvb:22-dtl-0000027174